3. Die Grundgleichung der Mechanik

3.1 Wiederholung: Das 1. Newton'sche Axiom

1. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff Kraft in unterschiedlichen Zusammenhängen und Bedeutungen benutzt: Sehkraft, Ausdruckskraft, Kraftfahrzeug, ...

In der Physik hat der Begriff Kraft eine genau festgelegte Bedeutung. Er steht im Zusammenhang mit Änderungen der Geschwindigkeit oder Änderungen der Bewegungsrichtung von Körpern.

Möglichkeiten für Geschwindigkeitsänderungen von Körpern:

Die folgenden Beispiele sollen verdeutlichen, was unter der Änderung der Bewegungsrichtung zu verstehen ist. 2. Der Bewegungszustand eines Körpers ist gekennzeichnet durch die Geschwindigkeit und die Richtung der Bewegung.

Geschwindigkeits- und Richtungsänderungen sind also Änderungen des Bewegungszustandes.
 
Die Ursache dafür, dass ein Körper seinen Bewegungszustand ändert, wird in der Physik Kraft genannt.

Außerdem bewirkt eine Kraft meist auch noch eine Verformung des Körpers.

Die beiden Kraftwirkungen können bei einem Vorgang unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

3. Lässt man einen Gegenstand los, den man zunächst in der Hand gehalten hat, setzt er sich in Bewegung und fällt zu Boden. Es wirkt also erkennbar eine Kraft auf den Gegenstand. Sie wird von der Erde auf jeden Körper, der sich auf der Erde befindet, ausgeübt. Sie ist immer zum Erdmittelpunkt gerichtet und wird als Gewichtskraft bezeichnet.

4. Eine Kugel befinde sich auf einer ebenen horizontalen Unterlage. Wird die Kugel kurz angestoßen, setzt sie sich in Bewegung. Wirkt dann keine Kraft mehr auf sie, würde sie sich immer weiter bewegen. Die Alltagserfahrung zeigt aber, dass sie schließlich doch langsamer wird und irgendwann wieder zur Ruhe kommt. Dies wird verursacht durch Reibungskräfte, die zwischen Kugel und Unterlage sowie zwischen Kugel und Luft wirken.

5. Die bisher zusammengetragenen Sachverhalte wurden schon im 17. Jahrhundert vom Begründer der „klassischen Mechanik“, dem englischen Physiker (oder, wie es damals hieß, „Naturphilosophen“) Isaac Newton (1643-1727) wie folgt zusammengefasst:
 
1. Newton'sches Axiom (Trägheitsprinzip):

Jeder Körper beharrt im Zustand der Ruhe oder der gleichförmigen geradlinigen Bewegung, wenn er nicht durch einwirkende Kräfte gezwungen wird, seinen Zustand zu ändern.

(Isaac Newton, Mathematische Prinzipien der Naturlehre, 1687)

6. Die Alltagserfahrung zeigt, dass die Wirkung einer Kraft von verschiedenen Dingen abhängt.

Einen Ball können Sie mit Muskelkraft in Bewegung setzen (Schießen, Werfen, Stoßen).

Kräfte sind gekennzeichnet durch Sie werden daher zeichnerisch durch Pfeile dargestellt.Größen, die durch einen Betrag und eine Richtung gekennzeichnet sind, nennt man in Physik vektorielle Größen. Statt Kraftpfeil sagt man auch Kraftvektor.

3.2 Das 2. Newton'sche Axiom

Versuch

Auf der Luftkissenfahrbahn wird ein Gleiter durch ein über eine Umlenkrolle angehängtes Wägestück in gleichmäßig beschleunigte Bewegung versetzt. Gemessen wird die Zeit, die der Gleiter benötigt, um aus der Ruhe heraus die Strecke s = 1 m zu durchfahren.

Die zur Beschleunigung verwendeten Massen werden aus 8 Wägestücken der Masse 1 g zusammengesetzt. Damit die Trägheit des gesamten „Zuges“ stets gleich ist, werden die nicht zur Beschleunigung verwendeten Wägestücke am Gleiter befestigt.

Messung 1:

Gemessen wurde mit zwei Stoppuhren. Zu jeder Einstellung von mB wurden drei Durchläufe vorgenommen, so dass zu jeder Einstellung 6 Messwerte für die Zeit t zur Verfügung standen. Daraus wurde der Mittelwert gebildet.

Die beschleunigende Kraft ist hier die Gewichtskraft mB der angehängten Wägestücke:

.

Diese Kraft ist konstant. Von der Messung an der geneigten Luftkissenfahrbahn ist bekannt, dass eine konstante Kraft eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung hervorruft (konstante Beschleunigung). Aus der Zeit-Weg-Funktion der gleichmäßig beschleunigten Bewegung

lässt sich dann die Beschleunigung ermitteln:

.

Messwerte:
 

mB / g
t / s
a / (m/s²)
FB / N
(FB / a) / kg
2
4,3
0,11
0,01962
0,181
4
2,9
0,24
0,03924
0,165
6
2,6
0,30
0,05886
0,199
8
2,2
0,41
0,07848
0,190

Auswertung:

Der Quotient FB / a ist im Rahmen der Messgenauigkeit als konstant zu bezeichnen. Das heißt: Die Beschleunigung a, die der Zug auf der Luftkissenfahrbahn erfährt, ist der an ihm angreifenden beschleunigenden Kraft proportional:

(1).

Messung 2:

Es sollte untersucht werden, wie bei gleicher beschleunigender Kraft die Beschleunigung von der Masse des beschleunigten Körpers abhängt. Dazu wurde ein zweiter Gleiter gleicher Masse auf die Luftkissenfahrbahn gebracht und mit dem ersten gekoppelt. Als beschleunigende Masse wurde mB = 8 g gewählt.

In der bei Messung 1 beschriebenen Weise wurde die Zeit gemessen, die die Gleiter benötigen, um die Strecke von 1 m zu durchfahren.

Messwerte: t = 2,8 s
                    errechnete Beschleunigung: a = 0,26 m/s2

Dies ist etwa die Hälfte der Beschleunigung, die ein Gleiter bei gleicher beschleunigender Kraft erfährt. Es lässt sich also vermuten, dass gilt:

(2).

Werden die Ergebnisse (1) und (2) zusammengefasst, so ergibt sich:

oder

.

Hierin ist F die beschleunigende Kraft, m die Masse des beschleunigten Körpers und a die Beschleunigung, die der Körper unter der Wirkung der Kraft F erfährt.

Zur Bestimmung der Proportionalitätskonstanten k wurde der Wert des Produktes ma mit der beschleunigenden Kraft F = FB verglichen. Gleitermasse: m = 197,4 g.

 
mB / g
a / (m/s²)
FB / N
m a / (kg m /s2)
2
0,11
0,01962
0,022
4
0,24
0,03924
0,047
6
0,30
0,05886
0,059
8
0,41
0,07848
0,081
Die Werte der beiden letzten Spalten stimmen näherungsweise überein, sodass gilt:

.

Die Maßeinheit der Kraft ist also

.


Newton formulierte den Zusammenhang zwischen Kraft und Beschleunigung in einem Satz (2. Newton'sches Axiom), der in wörtlicher Übersetzung lautet:

„Die Beschleunigung ist der Einwirkung der bewegenden Kraft proportional und erfolgt in Richtung derjenigen geraden Linie, in der jene Kraft wirkt.“

Kurz formuliert also:.

Eine modernere, heute übliche Formulierung ist:
 
2. Newton'sches Axiom (Grundgleichung der Mechanik):

Die Kraft F, die einem Körper der Masse m die Beschleunigung a erteilt, ist das Produkt aus dieser Masse m und der Beschleunigung a:

.

Die beim Beschleunigen auftretende Geschwindigkeitsänderung erfolgt in Richtung der beschleunigenden Kraft:

.

3.3 Trägheit und Gewichtskraft

Auf dem Mond sind alle Körper nur rund 1/6 so schwer wie auf der Erdoberfläche, genauer:

.

Heißt das, dass alle Körper auf dem Mond auch leichter zu beschleunigen sind?

Nein – denn die Gewichtskraft ist unerheblich für die Beschleunigung. Das gilt auch schon beim Luftkissengleiter: Die Gewichtskraft FG wird kompensiert durch die Auftriebskraft der nach oben gerichteten Auftriebskraft FL der Luftströmung.

FG und FL sind ein Gleichgewichts-Kräftepaar.

Die für eine bestimmte Beschleunigung a nötige Kraft F hängt nur von der Masse m des Körpers ab, nicht aber von seiner Gewichtskraft.

Die Masse eines Körpers ist aber auf dem Mond dieselbe wie auf der Erde (und überall sonst), und damit ist die Trägheit gleich.

Die Masse eines Körpers beschreibt zwei Eigenschaften des Körpers:
a) sein „Schwersein“ und
b) sein „Trägesein“.
Beim Beschleunigen eines Körpers muss nur seine Trägheit überwunden werden. Diese ist unabhängig von der „Schwerheit“ des Körpers vorhanden. Auch im schwerefreien Raum brauchen Raketen und Satelliten Kräfte zum Beschleunigen, obwohl sie dort nichts wiegen.


Übungen
 
empfohlene Aufgaben aus dem Lehrbuch Lösungen
1. S.46, A3  
2. S.46, A4
3. S.46, A5  
4. S.46, A6  
5. S.46, A7 c) aus Tabellenwerten: v1 = 6,62 cm/s

d) aus Tabellenwerten: a2 = 2,91 cm/s2

e) gleiche Höhe: t = 4,55 s

gleiche Geschwindigkeit: t = 2,27 s

6. S.46, A8

(vergleichen Sie hierzu das Beispiel auf S.34, V1)

a) 19,6 N

b) a = 0,52 m/s2; F = 18,6 N

7. S.46, A9 b) t = 145 s

c) v = 248 km/h

d) m = 105,3.103 kg

8. S.46, A11 a) FH = 0,051 N; a = 2,92°

b) a = 1,495 m/s2

9. S.46, A12 F = 3539 N


Weitere Übungen

1. Auf einer geraden, horizontalen Bahn wird ein Körper reibungsfrei gelagert. Er wird durch eine parallel zur Bahn wirkenden Kraft von 10 N aus der Ruhe heraus beschleunigt. Nach der Zeit 20 s hat er eine Strecke von 200 m zurückgelegt. Wie groß ist die Masse des Körpers?

2. Ein Körper der Masse 10 kg wird aus dem Ruhezustand gleichmäßig beschleunigt und hat nach der Zeit 8 s die Geschwindigkeit 20 m/s erreicht. Wie groß ist die beschleunigende Kraft?

3. Ein Fahrzeug mit der Masse 50 kg bewegt sich mit der Geschwindigkeit 50 km/h. Es kommt von der Fahrbahn ab, fährt gegen einen Brückenpfeiler und kommt dabei in 0,1 s zum Stillstand. Es wird vereinfachend angenommen, dass es sich bei diesem Bremsvorgang um eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung handelt.
a) Skizzieren Sie ein t-v-Diagramm.
b) Wie groß ist die Beschleunigung bei diesem Bremsvorgang? Wie lang ist der „Bremsweg“?
c) Welchen Betrag hat die bremsende Kraft?
d) Wieviel Prozent von der Gewichtskraft beträgt sie?

4. Ein PKW mit der Masse 850 kg wird auf einer horizontalen Straße durch eine konstante Kraft in der Zeit 15 s von der Geschwindigkeit v1 = 60 km/h auf die Geschwindigkeit v2 = 120 km/h beschleunigt. Reibungskräfte sollen vernachlässigt werden.
a) Wie groß ist die beschleunigende Kraft FB?
b) Wieviel Prozent der Gewichtskraft FG des Fahrzeugs beträgt sie?

5. Zwei Kugeln der Masse m1 = 5 kg und m2 = 15 kg werden an einen über eine Rolle laufenden Faden gehängt. Von der Masse der Rolle, der Masse des Fadens und der Reibung soll abgesehen werden. Welche Beschleunigung erfahren die Kugeln?

6. Über eine Rolle mit waagerechter Achse ist ein Faden gelegt, an dessen Enden zwei gleiche Körper mit den Massen m1 = m2 = 200 g hängen. Auf der einen Seite wird ein Zusatzkörper mit der Masse m0 angebracht. Die Masse der Rolle und des Fadens sowie die Reibung sollen unberücksichtigt bleiben. Wie groß muss die Masse des Zusatzkörpers sein, wenn alle drei Körper die gemeinsame Beschleunigung von 0,121 m/s2 erfahren sollen?

7. Ein Aufzug der Masse 1200 kg wird bei der Aufwärtsbewegung aus der Ruhe heraus gleichmäßig auf die Geschwindigkeit 3 m/s beschleunigt. Diese Geschwindigkeit wird nach einer Beschleunigungsstrecke von 2 m erreicht. Welchen Betrag hat die beschleunigende Kraft?

8. Ein Förderkorb wird beim Anfahren vertikal nach unten gleichmäßig beschleunigt. 4 s nach Beginn der Bewegung erreicht er die Geschwindigkeit 4 m/s. Um wieviel Prozent ist die Kraft F, mit der eine im Korb befindliche Last auf dessen Boden drückt, während der Beschleunigung geringer als die Gewichtskraft der Last?

Lösungen:

1. m = 10 kg

2. F = 25 N

3. b) a = -138,9 m/s2 ; Ds = 0,694 m c) 2,78.105 N d) etwa 1420%

4. a) FB = 944 N b) 11,3%

5. a = 4,91 m/s2

6. m0 = 5,0 g

7. F = 1,45.104 N

8. 10,2%