1.3 Kraft und Gegenkraft

Newton führte folgenden kleinen Versuch durch. Ein Magnet und ein Eisenstück wurden auf Holzbrettchen befestigt und in ein mit Wasser gefülltes Gefäß gesetzt. Hält man den Magneten fest, so bewegt sich das Brettchen mit dem Eisenstück auf den Magneten zu. Das ist nicht überraschend: Wir sind es aus der alltäglichen Erfahrung ja gewohnt, dass Magnete Eisen anziehen. Hält man jedoch das Brettchen mit dem Eisenstück fest, so bewegt sich der Magnet auf das Eisenstück zu. Folgerichtig müsste man sagen: das Eisenstück zieht den Magneten an. Diese Körper ziehen sich also gegenseitig an. Dies wird noch deutlicher, wenn keiner der Körper festgehalten wird: dann bewegen sich beide - Magnet und Eisenstück - aufeinander zu.

Bei einem Wägestück, das an einer Feder hängt, ist es ähnlich: Das Wägestück zieht die Feder nach unten, die Feder zieht das Wägestück nach oben.

Newton erkannte, dass es sich hierbei um eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit handelt: Nie kann ein Körper auf einen anderen eine Kraft ("actio") ausüben, ohne dass auf ihn ebenfalls eine Kraft ("reactio") wirkt.

3. Newton'sches Axiom:

Körper können immer nur wechselseitig Kräfte aufeinander ausüben. Die Kräfte, die zwei Körper wechselseitig aufeinander ausüben, sind gleich groß und entgegengesetzt gerichtet.

(Isaac Newton, Mathematische Prinzipien der Naturlehre, 1687)

Dieser Zusammenhang wird auch als Wechselwirkungsprinzip oder als Gesetz von actio und reactio (Kraft und Gegenkraft) bezeichnet.

Wenn Sie Ihr Auto anschieben wollen, müssen Sie eine Kraft auf das Auto ausüben, um seinen Bewegungszustand zu ändern. Gleichzeitig wirkt auf Sie dann eine gleich große Kraft - das Auto schiebt sie gewissermaßen nach hinten. Falls Ihnen diese Sichtweise seltsam erscheint: Versuchen Sie einmal Ihr Auto zu schieben, wenn Sie auf Rollschuhen stehen...

Das Wechselwirkungsprinzip darf nicht verwechselt werden mit der Gesetzmäßigkeit beim Kräftegleichgewicht.

Kräfte, die ein Kräftegleichgewicht bewirken, wirken immer auf denselben Körper. Wechselwirkungskräfte greifen dagegen grundsätzlich an zwei verschiedenen Körpern an.

Das folgende Beispiel soll dieses vertiefen. Ein biegsames Kunststofflineal L wird an einer Stativstange befestigt und eine Körper K an das Lineal gehängt.

1) Der Körper K zieht mit einer Kraft FK am Lineal L.
Das Lineal L übt eine Wechselwirkungskraft FL auf K aus.

2) Der Bewegungszustand von K und L ändern sich nicht.
Es muss also Gleichgewichtskräfte geben.
a) K wird mit der Gewichtskraft FG von der Erde nach unten gezogen.
b) In L entsteht die Rückstellkraft FR.

3) Nach dem Wechselwirkungsprinzip fehlt noch eine Gegenkraft:
K zieht die Erde mit -FG an.


Übungen:

1. Beim Schießen erfährt das Gewehr eine nach hinten gerichtete Kraft; sie muss mit der Schulter abgefangen werden. Wie kommt es zu diesem "Rückschlag"?

2. Lässt man einen aufgeblasenen Luftballon los, schwirrt er durchs Zimmer. Welche zwei Körper üben hier Kräfte aufeinander aus?

3. Wenn ein Auto auf einem Kiesweg anfährt, wird der Kies nach hinten weggeschleudert. Die Kraft, die die Räder auf die Straße ausüben, ist also nach hinten gerichtet. Warum fährt das Auto dann nach vorne?

4. Nehmen Sie an, Sie stehen auf einer Personenwaage und tragen einen schweren Gegenstand. Wie ändert sich die Anzeige der Waage, wenn Sie den Gegenstand nach oben reißen? Was zeigt die Waage an, wenn Sie den Gegenstand anschließend ruckartig nach unten bewegen?

5. Wie entsteht die Kraft, die verhindert, dass ein Hubschrauber vom Himmel fällt?

6. Für einen "Weltraumspaziergang" benötigt ein Astronaut z.B. eine Gaspistole, aus der er bei Bedarf Gas ausströmen lassen kann. Wozu ist die Gaspistole nötig?