2.3 Mikrowellen

2.3.1 Erzeugung

Elektromagnetische Wellen im cm- und mm-Bereich heißen Mikrowellen.

Die Frequenzen sind so hoch, dass sie nicht mehr mit gewöhnlichen Schwingkreisen erzeugt werden können. Bei der hier verwendeten Anordnung wird die hochfrequente Schwingung in einem sogenannten Reflexklystron erzeugt.

Als Schwingkreis wird in einem Reflexklystron ein Hohlraumresonator benutzt, der aus einer zylinderförmigen Metalldose besteht. Boden und Deckel bilden den Kondensator, die Wand stellt die Spule dar. Kapazität und Induktivität eines solchen Hohlraumresonators sind sehr klein, so dass elektromagnetische Schwingungen mit sehr hoher Frequenz auftreten können.

Um einen Eindruck von der Größenordnung der Frequenz zu erhalten, wird folgendes Beispiel betrachtet. Der Resonator habe die Höhe h = 1cm und den Durchmesser d = 2 cm. Die Kapazität eines Plattenkondensators mit diesen Abmessungen ist C = 0,278 pF. Nähert man die Wand als eine Spule mit einer Windung, so ergibt sich die Induktivität L = 0,395 nH. Die Eigenfrequenz beträgt dann f = 1,52 GHz.

Die hochfrequente Umladung des Kondensators induziert Ströme in der Zylinderwand. Das E-Feld verläuft in axialer Richtung und wird vom B-Feld in konzentrischen Kreisen umwirbelt.

Deckel und Boden enthalten Gitter, durch die ein Elektronenstrahl durch den Resonator hindurchtreten kann. Der Elektronenstrahl wird mit einer Glükathode und einer Beschleunigungsspannung UA erzeugt.

Nach dem Durchlaufen des Hohlraumresonators laufen die Elektronen gegen die Spannung eines Reflektors UR an und kehren ihre Bewegungsrichtung um.

Elektronen, die in den Hohlraumresonator eintreten, treffen auf das hochfrequente elektrische Wechselfeld. Je nach Phasenlage können drei Fälle eintreten:

  1. die Elektronen werden beschleunigt,

  2. die Elektronen passieren den Resonator unbeeinflusst,

  3. die Elektronen werden abgebremst.


Elektronen, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch den Resonator hindurchfliegen, können unterschiedlich weit gegen die Reflektorspannung anlaufen. Dadurch wird erreicht, dass die Elektronen in einem Paket gemeinsam in den Resonator zurücklaufen.

Wenn die Reflektorspannung den richtigen Wert aufweist, treffen die Elektronen so im Resonator ein, dass sie vom E-Feld abgebremst werden. Sie geben dann einen Teil ihrer kinetischen Energie an das elektrische Wechselfeld ab. Durch diese Energiezufuhr zum Feld wird die Schwingung aufrecht erhalten.

Durch ein Loch in der Resonatorwand wird die elektromagnetische Welle aus dem Klystron in einen Hohlleiter ausgekoppelt und zu einer Hornantenne geleitet, von der sie dann abgestrahlt wird.

2.3.2 Mikrowellenapparatur

Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau der Mikrowellenapparatur.

a: Mikrowellennetzgerät
b: Klystron
c: Hohlleiter
d: Hornstrahler
e: Hochfrequenzdiode
f: Nachweisgerät

Als Nachweisgerät wird ein Messverstärker mit folgendem Aufbau verwendet.

Anstelle des dargestellten Empfängers kann auch ein Empfangsdipol mit HF-Diode verwendet werden:

Die Frequenz der vom Klystron erzeugten Welle ist f = 9,45 Ghz.

Mit diesem Aufbau lassen sich unter anderem folgende Versuche durchführen (siehe Praktikumsaufgabe).

Die Ergebnisse dieser Versuche zeigen: Mikrowellen sind linear polarisierte elektromagnetische Transversalwellen.

2.3.3 Untersuchung von Mikrowellen

1. Die Polarisation der Mikrowellen lässt sich leicht nachweisen. Wenn sich Sender und Empfänger parallel gegenüber stehen, wird maximaler Empfang festgestellt. Dreht man den Trichter des Empfängers langsam um seine Achse um den Winkel , so wird das empfangene Signal immer schwächer. Bei einem Drehwinkel von 90° wird keine Welle mehr empfangen. Das gleiche Verhalten ergibt sich bei Verwendung eines Empfangsdipols mit HF-Diode.

2. Im folgenden Bild eines Mikrowellensenders sind die Schwingungsebenen von elektrischem und magnetischem Feld der elektromagnetischen Welle eingezeichnet. Das B-Feld schwingt in der Bildebene, das E-Feld senkrecht dazu.

Diese Mikrowellenstrahlung wird durch ein Fenster auf ein Plexiglas-Prisma gesendet. Zum Nachweis der Mikrowellen werden zwei Empfänger verwendet.

Fenster

Beobachtung

1.

leer



Sender




Empfänger 1





Empfänger 2

Empfänger 1 reagiert. Durch das Prisma ist die Mikrowellenstrahlung von der geradlinigen Ausbreitungsrichtung abgelenkt worden. Es ist Brechung zu beobachten

2.

Kunststoffscheibe

Empfänger 1 reagiert. Durch Kunsstoff lässt sich die Mikrowellenstrahlung nicht abschirmen.

3.

Metallscheibe

Empfänger 2 reagiert. Durch eine Metallscheibe lässt sich Mikrowellenstrahlung also abschirmen. Außerdem ist Reflektion zu beobachten.

4.

Metallgitter senk-recht zur Richtung des E-Feldes

Empfänger 1 reagiert. Die Mikrowellenstrahlung passiert das Gitter ungestört.

5.

Metallgitter parallel zur Richtung des E-Feldes

Empfänger 2 reagiert. In dieser Stellung des Gitters wird die Mikrowellenstrahlung also abgeschirmt und reflektiert. Damit ist auch nachgewiesen, dass die Mikrowellenstrahlung linear polarisiert ist.

(Aufnahmen: Deutsches Museum München)

3. Das Verhalten der Mikrowellen am Metallgitter soll noch genauer betrachtet werden.

a) Wenn das Gitter so zwischen Sender und Empfänger angebracht wird, dass der Vektor der elektrischen Feldstärke, die Gitterstäbe und der Empfangsdipol zueinander parallel sind, wird kein Signal vom Empfänger registriert. Auf der Senderseite können mit dem Empfangsdipol mit HF-Diode reflektierte Wellen nachgewiesen werden.

b) Steht das Gitter senkrecht zum Vektor der elektrischen Feldstärke und dem Empfangsdipol, so wird hinter dem Gitter vom Empfänger eine durch das Gitter hindurch gehende Welle registriert. Auf der Senderseite wird keine reflektierte Welle mehr nachgewiesen.

Diese Beobachtungen sind wie folgt zu erklären.

a) Wenn die Richtung des elektrischen Feldes E und die Richtung der Gitterstäbe gleich sind, dann regt das hochfrequente elektrische Wechselfeld in jedem Gitterstab die Elektronen zu erzwungenen Schwingungen an. Durch die Ladungsverschiebung entsteht in den Gitterstäben ebenfalls ein hochfrequentes elektrisches Wechselfeld , dass jedoch gegenphasig zum anregenden elektrischen Feld  schwingt. Die Gitterstäbe strahlen nun ihrerseits elektromagnetische Wellen ED ab, die sich mit der ursprünglichen Welle überlagern. Hinter dem Gitter laufen die Wellen E und ED in gleiche Richtung und interferieren aufgrund ihrer Gegenphasigkeit destruktiv. Vor dem Gitter sind die Wellen gegenläufig und es bildet sich eine stehende Welle aus. Am Gitter liegt dabei ein Knoten der elektrischen Feldstärke vor, da diese mit einem Phasensprung von 180° reflektiert wird.

b) Schließen die Richtung des elektrischen Feldes und die Richtung der Gitterstäbe einen Winkel von 90° ein, so wird das Gitter nicht zu hochfrequenten Schwingungen angeregt. Die vom Sender ausgehende Mikrowelle wird nicht hinter dem Gitter ausgelöscht und auch nicht am Gitter reflektiert. Sie wandert ungeschwächt hinter dem Gitter weiter.


Übungen

1. Eine ebene elektromagnetische Welle fällt unter 45° auf einen Marmorquader von 12 cm Dicke und erfährt eine Parallelverschiebung von 6,4 cm. Bestimmen Sie die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle in Marmor.

2. Eine ebene elektromagnetische Welle fällt auf eine ebene Quarzoberfläche , so dass die Wellennormale mit der Fläche einen Winkel von 35° bildet. Wie verläuft die Welle im Quarzglas?

3. Eine elektromagnetische Welle der Wellenlänge fällt unter einem Einfallswinkel auf einen Paraffinblock .
a) Bestimmen Sie den Brechungswinkel, die Ausbreitungsgeschwindigkeit, die Wellenlänge und die Frequenz der Welle im Paraffin.
b) Bestimmen Sie die Parallelverschiebung der Welle im Paraffinblock, wenn dieser eine Dicke von d = 12 cm besitzt.
c) Wie ändern sich die Ergebnisse, wenn der Paraffinblock durch eine Wassersäule ersetzt wird?

4. Sende- und Empfangsdipol sind gekreuzt und zwischen ihnen steht ein Polarisationsgitter. Die Richtung der elektrischen Feldstärke und die Richtung der Gitterstäbe bilden einen Winkel von 45° bzw. 30°. Welchen Teil der Sendeintensität registriert der Empfangsdipol?


Lösungen

1.

2.

3. a)

b) s = 1,92 cm

c)

4. 45°: IE / IS = 25% ; 30°: IE / IS = 18,8%