Um einen Schwingkreis mit hoher Eigenfrequenz zu erhalten, müssen Kapazität und Induktivität gering sein. Dies ist dadurch zu erreichen, dass die Plattenfläche des Kondensators und die Windungszahl der Spule möglichst klein gemacht werden. Im Extremfall kann man die Spulenwindungen ganz verschwinden lassen, die Kondensatorplatten aufbiegen und die Platten zu Punkten zusammenschrumpfen lassen. So erhält man einen Metallstab, in dem ein hochfrequenter Wechselstrom fließen kann.
Bei diesem „offenen Schwingkreis“ reichen das elektrische und das magnetische Feld weit in den umgebenden Raum hinaus und sind nicht mehr auf den Kondensator und die Spule beschränkt. Der hochfrequent schwingende Metallstab wird Dipol-Antenne oder kurz Dipol genannt.
In der Grundschwingung des Dipols schwingen die Elektronen in der Mitte mit maximaler Amplitude. An den Dipolenden dagegen können sie sich nicht bewegen. Es entsteht abwechselnd Elektronenmangel und Elektronenüberschuss, sodass eine Spannung zwischen den Dipolenden besteht.
Feldverteilung in der Umgebung des Dipols:
Strom- und Spannungsverteilung im Dipol:
Die Strom- und Spannungsverteilung am Dipol lässt sich als stehende elektromagnetische Welle auffassen, deren Wellenlänge doppelt so groß ist wie der Abstand zweier benachbarter Schwingungsknoten. An den Enden des Dipols befinden sich stets ein Spannungsbauch und ein Stromknoten. Für die Grundschwingung eines Dipols der Länge l gilt also .
Bereits zwei Ladungen +Q und –Q bilden einen elektrischen Dipol. An dieser einfachen Anordnung soll die Entstehung und Ausbreitung elektromagnetischer Wellen genauer betrachtet werden.
Wenn die Ladungen gegeneinander schwingen, verändert sich das elektrische Feld, das sie erzeugen. Nach den Maxwell'schen Gleichungen sind zeitlich veränderliche elektrische Felder von Magnetfeldern umgeben. Die Änderung dieser Magnetfelder ruft wiederum ein elektrisches Feld hervor. Diese wechselseitige Abhängigkeit bewirkt die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle von den schwingenden Ladungen.
Die Anordnung besitzt Zylindersymmetrie mit der Schwingungsachse des Dipols als z- bzw. Symmetrieachse. Die folgenden Abbildungen zeigen jeweils einen Längsschnitt durch das elektrische Feld, dessen zeitliche Entwicklung für die Dipolstrahlung besonders charakteristisch ist. Die magnetischen Feldlinien sind dagegen konzentrische Kreise um die Dipolachse. In den Abbildungen würden sie die Zeichenebene senkrecht durchstoßen, denn außer in unmittelbarer Nachbarschaft des Dipols stehen E-Feld und B-Feld senkrecht aufeinander.
Die Feldlinien in der Nähe des Dipols (Nahfeld) verhalten sich ähnlich wie die des elektrostatischen Dipols. Sie beginnen und enden auf den Ladungen.
In größerer Entfernung (Fernfeld) sind die Feldlinien dagegen in sich geschlossen. Geschlossene elektrische Feldlinien sind nur bei zeitabhängigen Feldern möglich. Statische Feldlinien beginnen und enden immer auf Ladungen.
Das Fernfeld weist folgende Eigenschaften auf:
Die Dichte der Feldlinien ist senkrecht zur Dipolachse am größten. Wandert man bei konstantem Abstand r von der Dipolmitte in Richtung eines der Pole, also in Richtungen mit spitzerem Winkel zur Achse, nimmt die Feldliniendichte ab. Das elektrische Feld ist senkrecht zur Achse am stärksten und umso schwächer, je weiter man sich von der Mittelebene entfernt.
Die gezeichneten Feldlinien schließen sich in einem bestimmten Abstand von der MittelebeneDas zeigt, dass das Feld in Achsenrichtung verschwindet.
Der Winkel, bei dem sich eine Feldlinie schließt (die Richtung der oberen oder unteren Enden der „Ohren“, gesehen von der Dipolmitte) ist für alle Entfernungen r gleich.
Für größere Entfernungen sind die Feldlinien meist senkrecht zum Abstandsvektor r.
Eine geschlossene Feldlinie wächst mit dem Abstand vom Dipol so, dass sie immer den selben Raumwinkel ausfüllt. Die Richtungsverteilung ist unabhängig von der Entfernung.
Die geschlossenen Feldlinien entstehen durch Abschnürung der „elektrostatischen“ Feldlinienbilder in Dipolnähe. Die vollständige Abschnürung findet dann statt, wenn die Ladungen durch den Nullpunkt gehen.
Zur Richtung der geschlossenen Feldlinien: Die geschlossenen Feldlinien sind immer abwechselnd mit und entgegen dem Uhrzeigersinn orientiert, je nach dem ob sie entstanden, wenn die obere Ladung positiv oder negativ war.
Die zeitliche Änderung des elektrischen Feldes im Raum hat die Form einer Welle. Betrachtet man z.B. die äußere Berandung eines geschlossenen "Feldlinienohres", so weiß man, dass benachbarte Ohren von einer Linie betragsmäßig gleichen, doch entgegengesetzt gerichteten Feldes umgeben sind. Das übernächste Ohr weist dann wieder die gleiche Orientierung auf. Daraus kann man folgern, dass z.B. die Mittelpunkte zweier Ohren einen Abstand von einer halben Wellenlänge haben.
In einer elektromagnetischen Welle stehen der elektrische Feldvektor und der magnetische Feldvektor senkrecht aufeinander und auf der Ausbreitungsrichtung der Welle. Elektro-magnetische Wellen sind also Transversalwellen.
Transversalwellen, deren Schwingungsvektor in einer Ebene senkrecht zur Ausbreitungsrichtung schwingt, heißen linear polarisiert. Bei Longitudinalwellen kann keine Polarisation beobachtet oder erzeugt werden.
Durch Untersuchung auf Polarisation oder Polarisierbarkeit lässt sich bei unbekannten Wellenvorgängen feststellen, ob eine Transversal- oder eine Longitudinalwelle vorliegt.
Wenn eine von einem Dipol ausgestrahlte elektromagnetische Welle von einem zweiten Dipol empfangen werden soll, ergibt sich aus der Polarisation, dass der Empfangsdipol für optimalen Empfang parallel zum Senderdipol ausgerichtet sein muss. Die beiden folgenden Bilder zeigen einen Senderdipol und einen Empfangsdipol, in dessen Mitte eine Glühlampe eingesetzt ist. Steht der Empfangsdipol rechtwinklig zum Senderdipol, zeigt die Lampe keine Reaktion. Sind die beiden Dipole parallel zueinander angeordnet, leuchtet die Lampe mit maximaler Helligkeit.
Der erste experimentelle Nachweis elektromagnetischer Wellen gelang Heinrich Hertz 1888.
Der Funkeninduktor T lädt die Metallplatten C und C'. Diese Platten entladen sich durch die Funkenstrecke P, die damit zu einem Dipol-Oszillator wird (Länge: 3 m). In der Abbildung sind auch die Richtungen des elektrischen und des magnetischen Feldes eingetragen.
Um die Wellen nachzuweisen, benutzte Hertz einen kreisförmig gebogenen Draht mit einem kleinen Luftspalt. Dieses Gerät wird Resonator genannt. Beobachtungen:
Wenn die Fläche des Resonators senkrecht zum Magnetfeld der Welle steht, induziert das sich zeitlich ändernde Magnetfeld eine Spannung im Resonator, was zu Funkenbildung am Luftspalt führt.
Steht die Fläche des Resonators parallel zur Richtung des Magnetfelds, bildet sich keine Induktionsspannung und es entstehen keine Funken.
Um stehende elektromagnetische Wellen zu erzeugen, benutzte Hertz eine reflektierende Metallplatte Q. An dieser bildet sich ein Knoten des E-Feldes und ein Bauch des B-Feldes aus.Im Abstand von von der Metallplatte und von diesem Punkt aus um jeweils weiter liegen dann Knoten des B-Feldes und zwischen diesen jeweils Bäuche des B-Feldes. Durch Bewegen des Resonators längs der Geraden PQ konnte Hertz die Knoten, Bäuche und die Richtung des B-Feldes bestimmen. Aus dem Abstand zweier aufeinander folgender Knoten ergab sich die Wellenlänge. Mit der bekannten Frequenz f des Oszillators konnte Hertz dann die Ausbreitungsgeschwindigkeit ermitteln.
In weiteren Versuchen benutzte Hertz einen aus Zinkblech von 2 mal 2 m zurechtgebogenen Parabolspiegel.
In die Brennlinie dieses Parabolspiegels setzte er einen |
In einem zweiten Parabolspiegel brachte Hertz einen zweiten
Dipol als Empfänger an.
|
Zur Abtastung des Feldes im Strahlungsraum zwischen den Spiegeln benutzte Hertz einen kreisförmigen Resonator mit 7,5 cm Durchmesser. Die Wellenlänge maß er zu 66 cm.
Übungen
1. a) Stellen Sie den Verlauf von Stromstärke und
Spannung längs eines in der Grundschwingung schwingenden Dipols
graphisch dar.
b) Bearbeiten Sie Teil a) für die erste Oberschwingung des Dipols.
Welche Beziehung besteht jetzt zwischen der Wellenlänge und der
Dipollänge?
2. Die maximale Stromstärke in der Mitte eines Dipols von 60 cm Länge beträgt 60 mA. Wie groß ist sie in einem Punkt, der 15 cm vom Ende entfernt ist? Wo beträgt die Stromstärke 30 mA? Geben Sie die Frequenz der Grundschwingung und der beiden ersten Oberschwingungen an.
3. Ein Dipol wird mit einem Sender der Frequenz f =
680 MHz in der 2. Oberschwingung erregt.
a) Welche Länge hat der Dipol?
b) Geben Sie die Frequenzen der Grund- und der 1. Oberschwingung an.
4. Ein stabförmiger Dipol schwingt mit der Grundfrequenz
f
= 460 MHz.
a) Welche Induktivität besitzt die Spule des
Erregerschwingkreises, wenn die Kapazität dieses Kreises C
=
1 pF beträgt?
b) Bestimmen Sie die Wellenlänge der abgestrahlten Dipolstrahlung.
c) Welche Länge besitzt der Dipol?
d) Bestimmen Sie die Länge des Dipols, wenn dieser mit der ersten
bzw. zweiten Oberschwingung schwingen soll.
5. Ein Dipol der Länge l = 1,2 m soll durch einen Schwingkreis zu Schwingungen angeregt werden. Der Schwingkreis besteht aus einer Spule der Induktivität und einem Kondensator der Kapazität C = 10 pF. Welche Zusatzkapazität CZ muss zugeschaltet werden, damit Schwingkreis und Dipol bzgl. der Grundschwingung in Resonanz schwingen? Fertigen Sie eine Schaltskizze an. Wie kann bei gleichbleibender Kapazität C der Resonanzfall noch erreicht werden?
6. Zwei Dipole S1, S2 werden von der Zeichenebene senkrecht, jeweils in ihrer Mitte geschnitten. Sie schwingen gleichphasig und strahlen elektromagnetische Wellen gleicher Wellenlänge und gleicher Amplitude ab. |
a) Bei welchem kleinsten gegenseitigen Abstand d ist die
Abstrahlung in die positive oder negative x-Richtung minimal?
b) In welcher Richtung strahlt die Dipolanordnung dann maximal Energie
ab?
c) Welche technische Anwendung ergibt sich nach den Resultaten aus Teil
a) und b) für die skizzierte Dipolanordnung?
d) Wie ändert sich das Abstrahlungsverhalten der Dipolanordnung,
wenn die Dipole bei sonst unveränderten Bedingungen mit dem in
Teil
a) berechneten Abstand gegenphasig schwingen?
e) Beide Dipole schwingen nun wieder gleichphasig. Ihr gegenseitiger
Abstand d' wird auf das 2,5-fache der abgestrahlten
Wellenlänge vergrößert. An welchen Stellen der x-Achse
stellt man dann mit einem geeigneten Empfangsdipol Empfangsmaxima fest?
7. Zwei gleichphasig schwingende Dipole S1, S2 strahlen elektromagnetische Wellen gleicher Wellenlänge und gleicher Amplitude ab. Sie sind parallel zueinander im Abstand b so angeordnet, dass sie in ihrer Mitte von der Zeichenebene senkrecht geschnitten werden. Auf einer Parallelen zur Verbindungslinie der Dipolmitten im Abstand l kann ein zu S1 und S2 paralleler Empfangsdipol E verschoben werden. Dabei ist l so groß, dass S1E und S2E in sehr guter Näherung als parallel angesehen werden können. |
a) Zeigen Sie, dass dann folgender Zusammenhang zwischen dem Abstand dk des Empfangsdipols E von B, , l und b folgender Zusammenhang besteht:
b) Wenn der Beobachtungswinkel sehr klein ist, dann gilt die Kleinwinkelnäherung
Welche Beziehungen bestehen dann zwischen dk, , l und b?
c) Zeigen Sie, dass für sehr kleine Winkel die
Abstände der Empfangsmaxima bzw. -minima äquidistant sind.
8. Zwei gleichphasig schwingende Dipole S1, S2 strahlen elektromagnetische Wellen gleicher Wellenlänge und gleicher Amplitude ab. Sie sind parallel zueinander im Abstand b so angeordnet, dass sie in ihrer Mitte von der Zeichenebene senkrecht geschnitten werden. Auf einer Senkrechten zur Verbindungslinie der Dipolmitten durch S2 kann ein zu S1 und S2 paralleler Empfangsdipol E verschoben werden. |
a) Berechnen Sie die vier größten Abstände l1,l2,l3,l4,
in denen E ein Empfangsmaximum registriert, wenn b = 50,0 m und
ist.
b) Bei welcher kleinsten Schwingungsfrequenz fmin
der
Dipole S1, S2 registriert E in l = 700 m
ein
Empfangsminimum, wenn b = 50,0 m ist?
c) S1 und S2 schwingen nun mit der Frequenz f
= 400 MHz, E ist l = 1000 m von S2 entfernt. Welche
kleinste Entfernung bmin müssen S1
und S2
haben, damit E ein Empfangsminimum registriert?
Lösungen
1. a) -
b) - ;
2. I(15 cm) = 42,4 mA ; x = 10 cm ; f1 = 250 MHz, f2 = 500 MHz, f3 = 750 MHz
3. a) L = 66,2 cm
b) f1 = 226,7 MHz, f2 = 453,3 MHz
4. a)
b)
c) L1 = 32,6 cm
d) L2 = 65,2 cm ; L3 = 97,8 cm
5. Die Zusatzkapazität CZ = 0,335 pF muss
parallel zu C geschaltet werden.
Bei unveränderter Kapazität muss die Induktivität auf verkleinert werden.
6. a)
b) Maximale Energieabstrahlung erfolgt in positiver und in negativer y-Richtung
c) Die Dipolanordnung kann als Richtfunkantenne verwendet werden.
d) x-Achse: konstruktive Interferenz; y-Achse:
destruktive Interferenz
e)
7. a) -
b) konstruktive Interferenz:
destruktive Interferenz:
c) Für die Abstände der Maxima bzw. der Minima ergibt sich .
8. a) l1 = 2450 m ; l2 = 1250
m ; l3
= 833 m ; l4 = 624 m
b) fmin = 84,1 MHz
c) bmin = 27,4 cm