7.2 Nullstellen ganzrationaler Funktionen

Die Nullstellen einer Funktion f , also die Stellen x, für die gilt f (x) = 0, gehören zu den Eigenschaften dieser Funktion. Bei der Untersuchung einer Funktion wird man daher auch nach ihren Nullstellen suchen.

Für ganzrationale Funktionen kann in manchen Fällen ein Verfahren angegeben werden, mit dem man die Nullstellen berechnen kann. Diese Fälle sollen hier betrachtet werden.

Lineare Funktionen: f(x) = a1 x + a0

Wird der Funktionsterm gleich Null gesetzt, so ergibt sich

.

Quadratische Funktionen: f(x) = a2 x2 + a1 x + a0

Die Suche nach den Nullstellen führt auf die quadratische Gleichung

.

Nach Division durch a2 ergibt sich die Normalform, die mit quadratischer Ergänzung weiter umgeformt wird.

Das Vorzeichen der Diskriminantebestimmt die Lösungsmenge:

D < 0: Es gibt keine reelle Lösung.

D = 0: Es gibt genau eine reelle Lösung:

D > 0: Es gibt zwei verschiedene reelle Lösungen x1, x2, nämlich

Es sei an den Satz von Vieta erinnert:

Zwei reelle Zahlen x1 und x2 sind genau dann Lösungen der quadratischen Gleichung in Normalform , wenn gilt: .

Daraus lässt folgern:

Beispiel:

Nullstellen von f sind die Lösungen der Gleichung

,

also

.

Aus dem Satz von Vieta kann gefolgert werden:

.

Es kann also der quadratische Term in ein Produkt aus linearen Termen zerlegt werden. Diese linearen Terme nennt man auch Linearfaktoren.

Es kann auch geschrieben werden:

Ganzrationale Funktion vom Grad 3 ohne a0: f(x) = a3 x3 + a2 x2 + a1 x

In diesem Fall lässt sich ein gemeinsamer Faktor x ausklammern:

.

Ein Produkt nimmt den Wert Null an, wenn mindestens einer der Faktoren Null wird, hier also:

.

Die Nullstelle x = 0 ist unmittelbar abzulesen. Mögliche weitere Nullstellen ergeben sich als Lösungen der quadratischen Gleichung.

Beispiel:

Die quadratische Gleichung hat die Lösungen

.

Nach dem Satz von Vieta kann man schreiben:

,

und damit kann der Funktionsterm von f auch als Produkt aus Linearfaktoren geschrieben werden:

.

Ganzrationale Funktion vom Grad 3: f(x) = a3 x3 + a2 x2 + a1 x + a0

1. Ganzzahlige Koeffizienten

Für den Spezialfall, dass alle Koeffizienten ai ganzzahlig sind, kann man folgenden Satz anwenden.
 
Satz: Sei f eine ganzrationale Funktion mit ganzzahligen Koeffizienten. Dann sind alle von Null verschiedenen ganzzahligen Nullstellen von f Teiler des konstanten Gliedes a0.

Beweis:

Sei eine ganzrationale Funktion vom Grad n und x0 eine ganzzahlige Nullstelle. Dann gilt:

.

Ausklammern von x0 liefert:

,

also:

.

Da x0 und alle Koeffizienten ganzzahlig sind, ist auch ganzzahlig, also ist x0 ein Teiler von a0.

Die Umkehrung des Satzes gilt nicht: Die Teiler von a0 sind nicht unbedingt Nullstelle von f, wie folgendes einfaches Beispiel klar macht: f (x) = 2x + 16. Die Koeffizienten sind ganzzahlig; die Teiler von a0 = 16 sind 2; -2; 4; -4; 8; -8; 16; -16. Lediglich -8 ist Nullstelle von f.

Beispiel:

Teiler von a0 = 3 sind: -3; -1; 1; 3.

f (-3) = -27 + 9 + 15 + 3 = 0

f (-1) = -1 + 1 + 5 + 3 = 8

f (1) = 1 + 1 – 5 + 3 = 0

f (3) = 27 + 9 – 15 + 3 = 24

Nullstellen von f sind also x = -3 und x = 1.

Damit sind im allgemeinen aber noch nicht alle Nullstellen erfasst. Es ist daher nötig, den folgenden Schritt auszuführen.

2. Abspalten eines Linearfaktors (x – x0)

Beispiel 1: 

Probieren: alle Koeffizienten sind ganzzahlig;

2 ist ein Teiler von 6;

f (2) = 8 – 24 + 22 – 6 = 0, also

eine Nullstelle ist x = 2.

Es wird nun versucht, f in der Form

zu schreiben. Der zunächst unbekannte Term g(x) muss ein Polynom vom Grad 2 sein. Formal ergibt er sich durch Division:

.

Die Division eines Polynoms durch einen Linearfaktor heißt Polynomdivision. Bei dieser wird genauso vorgegangen wie bei der schriftlichen Division von Zahlen in der folgenden Form:

Entsprechend bei der Polynomdivision:

Dies führt also zu der Funktion g(x) = x2 – 4x + 3. Weitere Nullstellen von f – wenn es noch welche gibt – müssen dann Nullstellen von g sein. Um diese zu ermitteln ist nur noch eine quadratische Gleichung zu lösen:

f besitzt also noch zwei weitere Nullstellen: x = 1 und x = 3 und kann daher wie folgt faktorisiert werden:

.

Beispiel 2: 

Probieren: Alle Koeffizienten sind ganzzahlig.Die Teiler von a0 = 2 sind 1; -1; 2; -2.

f (1) = 1 – 3 + 2 = 0

f (-1) = -1 + 3 + 2 = 4

f (2) = 8 – 6 + 2 = 4

f (-2) = -8 + 6 + 2 = 0

Eine Nullstelle von f ist somit x = 1; eine weitere ist x = -2.

Abspalten des Linearfaktors (x – 1): Zu beachten ist, dass im Funktionsterm ein Glied mit x2 „fehlt“:

das bedeutet, dass a2 = 0 ist.

Polynomdivision:

Weitere Nullstellen von f sind daher Lösungen der quadratischen Gleichung

Diese beiden Nullstellen waren schon bekannt – es gibt also keine weiteren. Die faktorisierte Form von f ist

.

x = 1 ist eine sogenannte „doppelte Nullstelle“. Hier schneidet der Graph von f die x-Achse nicht sondern berührt sie nur.

Ganzrationale Funktion vom Grad 4, nur gerade Exponenten: f(x) = a4x4 + a2 x2 + a0

Hier ergibt sich die sogenannte biquadratische Gleichung

.

Die Substitution z = x2 führt dann auf eine quadratische Gleichung:

.

Wenn diese Gleichung Lösungen besitzt, müssen diese dann noch re-substituiert werden.

Beispiel:

Substitution: z = x2

Umkehrung der Substitution:  :

Die faktorisierte Form von f ist daher

.

Bei diesem Beispiel wäre man auch mit „Probieren“ zum Ziel gekommen: Alle Koeffizienten sind ganzzahlig. Teiler von a0 = 4 sind 1; -1; 2; -2; 4; -4.

f (1) = 1 – 5 + 4 = 0

f (-1) = 1 – 5 + 4 = 0

f (2) = 16 – 20 + 4 = 0

f (-2) = 16 – 20 + 4 = 0

Ganzrationale Funktion vom Grad 4 ohne a0: f(x) = a4x4 + a3 x3 + a2 x2 + a1 x

Hier lässt sich ein gemeinsamer Faktor x ausklammern:

Damit ist x = 0 als eine Nullstelle bekannt. Zur Berechnung weiterer Nullstellen ist das Problem jetzt insofern vereinfacht worden, dass nur noch eine ganze rationale Funktion vom Grad 3 zu untersuchen ist.
Ganzrationale Funktion vom Grad 4: f(x) = a4x4 + a3 x3 + a2 x2 + a1 x + a0

Probieren: f (1) = 1 – 4 – 13 + 4 + 12 = 0

Abspalten des Linearfaktors (x – 1) durch Polynomdivision:

Die Restfunktion ist nur noch vom Grad 3: 

Probieren zeigt: g(-1) = -1 – 3 + 16 – 12 = 0

Abspalten des Linearfaktors (x - (-1)) = (x + 1) durch Polynomdivision:

Die Restfunktion h ist vom Grad 2:

Diese besitzt zwei Nullstellen: x = –2 und x = 6.

Insgesamt sind für f jetzt 4 Nullstellen gefunden worden, so dass f in faktorisierter Form geschrieben werden kann:

.


Übungen:

1. Versuchen Sie, eine oder mehrere Nullstellen der Funktion f durch Probieren zu finden.

2. Zeigen Sie, dass x0 eine Nullstelle der Funktion f ist und schreiben Sie f (x) in der Form .

3. Wo schneidet der Graph von f die x-Achse?

4. Bestimmen Sie die Nullstellen der Funktion f .